Das alte Galicien

Galicien ist eine Region voller Widersprüche und Brüche, in weiten Teilen hochmoderner Teil einer globalisierten Welt. Und dennoch überleben bis heute immer noch Relikte des traditionellen, ländlichen Galiciens. Man findet sie vor allem abseits der Küstenregionen, im oftmals entvölkerten Landesinneren. Dieses Bild entstand 1991 bei Camanzo, etwa 30 km östlich von Santiago. Für mich kondensiert es viel von diesem alten Galicien:

Die alte Bauersfrau mit dem traditionellen Strohhut, die Schwarz nicht mehr ablegt, weil immer irgendein Toter in der Familie zu betrauern ist. Sie ist vielleicht auf dem Weg zum Kohlacker, um Grünzeug für ein Cocido, den deftigen galicischen Eintopf zu holen.

Die Felder um sie herum schmale Streifen mit Mais, eine Folge des minifundismo, der in der Region herrschenden Erbteilung, die den vermachten Besitz immer wieder aufs Neue unter allen Erben gerecht aufteilt, bis nur noch buchstäblich handtuchgroße Parzellen übrig bleiben, von denen niemand mehr leben kann: Eine Ursache der traditionellen Armut in der Gegend, die Hunderttausende von Galiciern in die Emigration trieb, zunächst in andere Gegenden Spaniens, dann nach Kuba und Argentinien, wo man heute noch alle Spanischstämmigen als gallegos bezeichnet und Buenos Aires den Status der weltweit größten galicischen Stadt inne hat.

Das saftige Grün in vielen Tönen, im Hintergrund ein paar einheimische Bäume sowie Kiefern und der alles überwuchernde Eukalyptus, die Plage des 20. Jahrhunderts.

So viele Assoziationen in einem dreißig Jahre alten Foto.

Pindo